Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern. Der Fall des achtjährigen Fabian ist mehr als nur ein tragisches Verbrechen – es ist ein tiefes Trauma, das die Kleinstadt und die gesamte Bundesrepublik erschüttert hat. Monatelang herrschte quälende Ungewissheit, doch die Ermittlungen nahmen am späten Nachmittag des 6.
November 2025 eine dramatische Wende. Mit der Festnahme einer 34-jährigen Frau schien der Knoten durchschlagen, die Hoffnung auf Gerechtigkeit neu entfacht. Die Verdächtige: Sandra K., die Ex-Freundin von Fabians Vater. Doch gerade als die Öffentlichkeit dachte, die Wahrheit sei greifbar, liefert die Gerichtsmedizin eine explosive Information, die das gesamte Ermittlungsgebäude in seinen Grundfesten erschüttert: eine zweite, männliche DNA-Spur am Fundort des toten Jungen.
Der Fall Fabian hat sich von einem Kriminalfall zu einem nervenzerreißenden Justiz-Thriller entwickelt, in dem jede Antwort sofort neue,
beunruhigende Fragen aufwirft. Er erzählt von unerwiderter Liebe, brennender Eifersucht und den fatalen Konsequenzen eines emotionalen Abgrunds.

Der 10. Oktober: Der Tag, an dem Güstrow den Atem anhielt
Fabian verschwand am 10. Oktober, einem Tag, an dem er krank zu Hause bleiben musste. Seine Mutter meldete ihn wenig später als vermisst, und eine verzweifelte Suchaktion begann. Vier Tage später fand das Grauen ein Ende: Fabians verkohlte Leiche wurde an einem Tümpel bei Klein Upahl, rund 15 Kilometer von seinem Wohnort entfernt, entdeckt. Das Ausmaß der Brutalität schockierte. Wer tötet ein Kind, das noch am Anfang seines Lebens stand, und beseitigt die Spuren derart skrupellos?
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Die Wochen nach dem Fund waren geprägt von hektischen Hausdurchsuchungen, der Sicherstellung von Fahrzeugen und einer medialen Intensivbegleitung, die in einer Sondersendung von Aktenzeichen XY ungelöst gipfelte. Die Polizei in Güstrow stand unter massivem Druck. Die Bevölkerung forderte Antworten, die Familie verlangte Gerechtigkeit. Es war eine Zeit des kollektiven Versagensgefühls, in der die Ermittler um jeden Hinweis kämpfen mussten.
Die Festnahme: Sandra K. und das Motiv der Obsession
Am frühen Abend des 6. November hielten zwei zivile Polizeiwagen in der kleinen Lindenstraße. Mit der Festnahme von Sandra K. (34) in einem unscheinbaren Reihenhaus bekam die Tragödie ein menschliches Gesicht – und einen erschreckenden Hintergrund. Obwohl die Staatsanwaltschaft Rostock die Identität der Verdächtigen offiziell nicht bestätigte, sickerte durch Medienberichte wie vom Spiegel schnell durch: Die festgenommene Frau ist die ehemalige Partnerin von Fabians Vater.
Sandra K. war eine unauffällige Grundschullehrerin, die bis vor einem Jahr in einer Beziehung mit Fabians Vater lebte. Die Nachbarn kannten sie als „Tante Sandra“, Fabians Bezugsperson. Doch nach der Trennung soll sie nie wirklich losgelassen haben. Freunde berichteten von anhaltendem Streit. Eine Nachbarin erzählte von Momenten, in denen Sandra K. das Haus besuchte, weinte und schrie, bevor wieder Ruhe einkehrte. Das Bild einer Frau, die am emotionalen Ende war, zeichnete sich ab.
Das vermutete Motiv, das die Ermittler nun in den Fokus stellen, ist erschütternd: Eifersucht. Nicht zwingend auf das Kind selbst, sondern auf das Glück und die Familie, die Fabians Vater ohne sie weiterführen konnte. Die Erkenntnisse aus der Wohnung der Verdächtigen liefern dazu das wohl dunkelste Puzzleteil: Neben eingerahmten Kinderzeichnungen von Fabian wurde ein Tagebuch gefunden. Darin der zutiefst verstörende Satz: „Wenn ich ihn nicht haben kann soll er auch nicht glücklich sein.“ Fabian, das „Bindeglied“, war in dieser tragischen Sichtweise nicht nur ein Kind, sondern das letzte Bollwerk, das Sandra K. an ihren Ex-Partner band – und damit das Ziel ihres verzweifelten Hasses.
Die Kette der Indizien: Ein perfider Tatplan wird rekonstruiert
Die Staatsanwaltschaft unter Oberstaatsanwalt Harald Novak ging mit der Festnahme in die Offensive. Novak bestätigte, dass die Beweismomente gegen die Beschuldigte „erheblich“ seien und auf umfangreichen Zeugenaussagen und forensischen Befunden beruhen.
Die Rekonstruktion des Tathergangs, so wie die Polizei ihn vermutet, ist perfide:
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Vorbereitung: In der Nacht vor Fabians Verschwinden versuchte Sandra K. mehrfach, den Vater telefonisch zu erreichen. Sie wurde um 23:47 Uhr von einem Nachbarn vor seinem Haus gesehen, wo sie rauchend und lange verharrte, bevor sie in Richtung eines nahegelegenen Spielplatzes ging.
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Die Tat: Am Vormittag des 10. Oktober, als Fabian krank und allein zu Hause war, soll Sandra K. in die Wohnung gelangt sein – möglicherweise mit einem alten Ersatzschlüssel. Sie brachte dem Jungen angeblich Saft und Kekse, wie sie es in ihrer Rolle als “Tante Sandra” oft getan hatte. Doch Spuren an einem Glassaft in der Küche deuten auf ein Schlafmittel hin. Die Ermittler vermuten, dass sie den betäubten Jungen in Panik, Verzweiflung oder Wut mitnahm.
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Der Fundort: Entscheidend war der Hinweis eines Zeugen, der die Frau am Tag des Verschwindens in der Nähe des Sees bei Klein Upahl sah. Sie trug nasse Kleidung und ihre Schuhe waren schlammbedeckt. Diese Aussage wurde durch Spurenanalyse bestätigt: An ihren Schuhen wurden Algenreste gefunden, die identisch mit denen am Fundort von Fabians Leiche waren.
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Spuren der Beseitigung: Ein weiterer Zeuge sah sie am Nachmittag mit einem Fahrrad, das mit einer großen Tasche beladen war. Das Fahrrad wurde später in einem Schuppen gefunden, die Tasche enthielt Fasern von Fabians Kleidung. Im Kofferraum ihres grauen VW Polo entdeckten Kriminaltechniker zudem eine Kinderdecke, eine Wasserflasche, ein Stofftier und ein einzelnes blondes Haar auf dem Rücksitz – eine Spur, deren DNA-Abgleich mit Spannung erwartet wird.
Die tragische Ironie des Ortes: Der See bei Klein Upahl, an dem Fabian sein grauenhaftes Ende fand, war nach Sandra K.s eigenen Worten auf sozialen Netzwerken ihr „Lieblingsort“: „Hier finde ich Frieden“, schrieb sie einst.
Die Schlamperei und das Misstrauen gegen die Polizei
Trotz des ermittlungstechnischen Durchbruchs steht die Polizei Güstrow weiterhin unter massivem Beschuss. Viele Bürger und Beobachter werfen den Behörden Versäumnisse vor. Die drängenden Fragen bleiben: Warum dauerte es drei Wochen, bis Fabian gefunden wurde? Warum wurde der See nicht früher gründlich abgesucht? Und vor allem: Warum wurden die Hinweise auf Sandra K., deren Name früh im Umfeld kursierte, so lange ignoriert? Ein anonymer Ermittler gestand: „Wir hatten ihren Namen schon früh auf dem Tisch, aber es gab keinen Beweis, nur Gerede. Wir wissen, wir hätten früher handeln müssen.“
Das Misstrauen wurde zusätzlich dadurch geschürt, dass die Festnahme kurz nach der Ausstrahlung einer True-Crime-Sendung im Regionalfernsehen erfolgte, die den Fall neu aufrollte und die Theorie einer emotionalen Bezugsperson ins Spiel brachte. Obwohl Oberstaatsanwalt Novak betonte, die Festnahme stehe in „keinem Zusammenhang“ mit der Sendung, sehen viele in der Öffentlichkeit darin ein Muster des späten Handelns, das den Druck des versagenden Systems widerspiegelt.

Die späte Schock-Wende: Zwei Spuren, zwei Täter?
Die vermeintliche Gewissheit der Ermittlungen hat jedoch in den letzten Stunden einen tiefen Riss bekommen. Kurz vor der Veröffentlichung dieser Zeilen erreichte die Polizei ein forensischer Bericht, dessen Inhalt das gesamte Narrativ infrage stellt: An den Fundstellen der Leiche wurden zwei unterschiedliche DNA-Spuren gefunden – eine weibliche und eine männliche.
Dieses Detail ist ein absoluter Gamechanger. Die weibliche Spur mag zu Sandra K. gehören – doch wem gehört die männliche?
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Komplize: Handelte Sandra K. nicht allein? Wurde sie manipuliert, oder brauchte sie Hilfe, um den Jungen zu entführen und die Leiche zu beseitigen?
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Neuer Täter: Könnte die männliche DNA-Spur auf einen völlig neuen Hauptverdächtigen hinweisen? Hat jemand die gesamte Szene inszeniert, um Sandra K., die aufgrund ihrer Obsession und ihrer Vorgeschichte ein leichtes Ziel war, die Tat anzuhängen?
Die Ermittler schweigen zu dieser explosiven Entwicklung. Sie „schließen nicht aus, dass es weitere Beteiligte gibt“, so Novak in einem knappen Statement. Doch die Tatsache, dass die Behörden mit einer zweifelsfrei indizienbasierten Festnahme in die Öffentlichkeit gingen, nur um Stunden später von einer zweiten, möglicherweise entscheidenden DNA-Spur überrascht zu werden, wirft ein beunruhigendes Licht auf die Sorgfalt der Anfangsermittlungen.
Die Suche nach der vollständigen Wahrheit
Der Mordfall Fabian ist noch lange nicht abgeschlossen. Die Festnahme von Sandra K. hat zwar das Motiv der emotionalen Rache in den Fokus gerückt, doch die zweite DNA-Spur hat ein neues Kapitel der Unsicherheit aufgeschlagen. Fabian’s Vater ist zwischen gebrochener Trauer und Dankbarkeit, dass endlich ein Schritt zur Wahrheit getan wurde. Die Stadt Güstrow versammelt sich auf dem Marktplatz, wo Kerzen brennen und Stofftiere liegen, doch unter der Oberfläche brodelt Misstrauen.
Die kommenden Wochen werden zeigen, welche Rolle Sandra K. tatsächlich spielte und ob der Mann, der die zweite Spur hinterließ, der eigentliche Drahtzieher oder ein stiller Helfer in diesem abscheulichen Verbrechen war. Die Justiz muss nun beweisen, dass sie in der Lage ist, die volle Wahrheit ans Licht zu bringen – eine Wahrheit, die so komplex und grausam ist, dass sie die Nation bis ins Mark erschüttert. Die Unschuldsvermutung gilt, aber die Ungewissheit bleibt. Und irgendwo in Güstrow wartet der letzte Beteiligte darauf, enttarnt zu werden.