ABBA-Legende bricht das Schweigen: Benny Andersson enthüllt mit 79 Jahren den wahren Albtraum aus Verrat und Intrigen hinter dem Glitzer

Stockholm. – Wenn die ersten Klavierakkorde von „Dancing Queen“ oder „The Winner Takes It All“ erklingen, denkt die Welt an Glitzer, Plateauschuhe und eine der perfektesten Pop-Maschinerien der Musikgeschichte. ABBA war nicht nur eine Band, sie waren eine Familie, ein untrennbares Quartett,

das scheinbar in perfekter Harmonie lebte und arbeitete. Doch der Schein trog – und zwar gewaltiger, als selbst die kühnsten Kritiker es je vermutet hätten.

Nun, im Alter von 79 Jahren, hat Benny Andersson, der stille Architekt des ABBA-Sounds, beschlossen,

die schützende Hand, die er jahrzehntelang über den Mythos der Band hielt, wegzunehmen. Was darunter zum Vorschein kommt, ist keine Geschichte von Freundschaft und blindem Vertrauen, sondern ein düsteres Drama voller künstlerischer Eifersucht, eiskalter Berechnung und persönlichem Verrat. Benny, der oft als der ruhige, freundliche Bartträger im Hintergrund wahrgenommen wurde, offenbart nun, dass hinter seinem Lächeln oft tiefe Frustration und Verletzung brodelten.

Der Riss im Fundament: Benny und Björn

Für die Außenwelt waren Benny Andersson und Björn Ulvaeus das geniale Songwriter-Duo, das Lennon und McCartney des Nordens. Über 15 Jahre lang teilten sie alles – Träume, Erfolge und die Tantiemen. Doch wie Benny nun gesteht, war diese Symbiose oft ein harter Kampf um die Deutungshoheit. Der entscheidende Wendepunkt, so erinnert sich Andersson heute, kam während der Arbeit am Album „The Visitors“. Es war eine Zeit, in der Benny sich musikalisch weiterentwickeln wollte. Er hörte Melodien, die komplexer waren, subtiler, fast avantgardistisch. Er wollte die Grenzen des perfekten Popsongs sprengen.

Björn hingegen, so beschreibt es Benny, hatte den Blick starr auf die Charts gerichtet. Er wollte Hits, die sofort zünden, kommerzielle Sicherheit statt künstlerischem Risiko. „Es war ein Kampf um die Seele der Songs“, resümiert Benny heute bitter. Er fühlte sich oft überstimmt, seine visionären Ideen als „nicht verkaufbar“ abgetan. Doch es blieb nicht bei Diskussionen am Mischpult.

Benny berichtet von einem Vorfall Backstage in Stockholm, der ihn bis ins Mark traf. Ohne jede Absprache hatte Björn die Setlist geändert und ausgerechnet jenen Song gestrichen, der Benny am meisten am Herzen lag. „Ich stand da, sah wie die Band spielte und wusste: Mein Song wurde ausgelöscht“, erzählt er. Es war eine Machtdemonstration, die zeigte: Deine Gefühle sind hier zweitrangig. Noch schwerer wog jedoch ein Vorfall, bei dem Björn angeblich heimlich Demos von Bennys unveröffentlichten Melodien an Produzenten verschickte – hinter seinem Rücken. „Es war, als würde jemand versuchen, mich im eigenen Haus zu überlisten“, sagt Benny. Das Vertrauen, das Fundament ihrer Partnerschaft, hatte Risse bekommen, die nie wieder ganz zu kitten waren.

Agnetha: Die eisige Brillanz

Wenn Benny über Agnetha Fältskog spricht, schwingt Bewunderung mit, aber auch ein tiefer Schmerz. Sie war die Stimme von ABBA, das strahlende Gesicht, das Millionen verzauberte. Doch hinter den Kulissen empfand Benny sie oft als unnahbar, ja sogar „eisig“. „Es gab Momente, in denen ich das Gefühl hatte, nicht mehr zu existieren, sondern nur ein Begleiter ihres Erfolges zu sein“, gesteht er.

Eine Szene in London ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben. Benny hatte eine neue Melodie komponiert, voller Hoffnung und Vorfreude, sie ihr zu präsentieren. Doch Agnetha soll den Song schon nach dem ersten Akkord mit einem Lächeln abgelehnt haben, das Benny als herablassend empfand. „Das wird die Leute nicht begeistern, Benny. Lass uns beim Bewährten bleiben“, soll sie gesagt haben. Später musste er erfahren, dass sie diese Idee in einem Interview subtil kritisiert hatte, um ihre eigene Position als alleinige Instanz für den „guten Geschmack“ der Band zu stärken.

Noch schmerzhafter war ein Auftritt in Berlin. Während eines Duetts, das eigentlich die Harmonie zwischen den Mitgliedern zeigen sollte, soll Agnetha sich so positioniert haben, dass die Kameras fast ausschließlich auf sie gerichtet waren, während Benny und Björn zu Statisten im Hintergrund verblassten. „Das war kein Versehen“, ist sich Benny heute sicher. „Es war Kalkül.“ Benny fühlte sich degradiert, reduziert auf die Rolle des bloßen Musikanten, während Agnetha im Licht badete. Selbst seine Arrangements waren vor ihren Eingriffen nicht sicher; heimliche Änderungen bei Proben ließen seine Kompositionen plötzlich fremd klingen, und die Band folgte ihr, nicht ihm.

Stig Anderson: Der Mann, der Zahlen sah

Doch der Druck kam nicht nur von den Bandkollegen. Über allem schwebte der Schatten von Stig „Stick“ Anderson, dem legendären Manager der Gruppe. Ein Mann von enormem Einfluss, dem Benny anfangs fast blind vertraute. Doch je größer der Erfolg wurde, desto mehr erkannte Benny, dass er und Stig in verschiedenen Welten lebten. „Er sah Zahlen, ich sah Musik“, bringt Benny es auf den Punkt.

Der Konflikt eskalierte dramatisch bei den Verhandlungen für eine neue Welttournee. Stig wollte nicht nur das Finanzielle regeln, sondern begann, sich in die kreativen Prozesse einzumischen. Er forderte Arrangements, die „marktkonform“ waren, nicht solche, die die Band „fühlte“. Benny beschreibt das Gefühl, wie eine „Marionette“ behandelt zu werden. Besonders perfide: Stig schloss angeblich Werbeverträge ab, die Bennys Namen und sein Gesicht nutzten, ohne ihn auch nur zu fragen. Benny wurde zur Marke degradiert, zum Produkt.

Der absolute Tiefpunkt in dieser Beziehung war jedoch der Verdacht, dass Stig plante, ein Projekt unter Bennys Namen zu veröffentlichen, um Einnahmen zu generieren, ohne dass Benny daran beteiligt oder auch nur informiert war. „Es war, als würde jemand versuchen, mein eigenes Erbe zu kapern“, sagt Benny mit einer Mischung aus Wut und Unglauben. Stig blockierte sogar eine Soloshow von Benny, um die Kontrolle über die „Marke ABBA“ nicht zu gefährden. Benny war gefangen in einem goldenen Käfig, den sein eigener Manager und Mentor geschmiedet hatte.

Frida: Der Verrat der Seelenverwandten

Vielleicht am schmerzhaftesten sind jedoch Bennys Erinnerungen an Anni-Frid „Frida“ Lyngstad. Mit ihr verband ihn eine tiefe künstlerische und zeitweise auch private Nähe. Doch auch hier zerschellte die Harmonie an den Klippen des Egos. Während der Aufnahmen zum Klassiker „Super Trouper“ wollte Benny neue Wege gehen, experimentelle, elektronische Klänge einbauen. Frida jedoch bestand vehement auf dem klassischen Sound. „Es war nicht nur ein Streit über Musik“, sagt Benny. „Es war ein Kampf um Vertrauen, um Kontrolle.“

Frida soll so weit gegangen sein, Bennys Änderungen im Studio schlichtweg zu ignorieren und die Produzenten anzuweisen, ihre Version zu verwenden. Benny stand stumm daneben, während seine Vision demontiert wurde. Noch schockierender ist der Vorwurf der Sabotage bei Live-Auftritten. Benny berichtet von einem wichtigen TV-Auftritt, bei dem Frida absichtlich eine falsche Tonhöhe gewählt haben soll. Das Publikum merkte es kaum, doch für Benny, den Perfektionisten am Klavier, war es Folter. „Ich sah die Blicke der Musiker, hörte das Publikum klatschen und wusste: Meine Musik wurde vor meinen Augen verändert“, erinnert er sich bitter.

Auch im privaten Rahmen, bei Proben, soll Frida seine Partituren manipuliert haben, sodass harmonische Passagen plötzlich disharmonisch klangen. Benny saß am Klavier, hörte die falschen Töne und wusste, dass dies kein Unfall war. Es war ein Machtspiel. Er fühlte sich isoliert, ein „stiller Beobachter inmitten seines eigenen Werks“.

Ein spätes Erwachen

Warum spricht Benny Andersson erst jetzt, mit 79 Jahren, über diese tiefen Wunden? Vielleicht, weil mit dem Alter die Erkenntnis kommt, dass die Wahrheit wichtiger ist als der schöne Schein. Vielleicht, weil er nicht möchte, dass die Geschichte von ABBA nur als eine von glitzerndem Erfolg erzählt wird, sondern auch als eine Lektion darüber, was Ruhm mit Menschen anrichten kann.

„Hinter jedem Glanz lauerte ein Schatten, den nur ich kannte“, resümiert er. Seine Enthüllungen schmälern nicht die geniale Musik, die ABBA der Welt geschenkt hat. Aber sie geben den Songs eine neue Tiefe, eine Melancholie, die man nun vielleicht heraushören kann. Wenn man heute „The Winner Takes It All“ hört, fragt man sich unweigerlich: Wer war der Gewinner? Und was hat er wirklich verloren? Für Benny Andersson scheint die Antwort klar zu sein: Er hat vielleicht die Charts gewonnen, aber in den entscheidenden Momenten ein Stück seiner Seele und das Vertrauen in seine engsten Weggefährten verloren. Es ist ein mutiger Schritt, diesen Schleier zu lüften – und es zeigt, dass auch Legenden am Ende nur Menschen sind, die verletzt werden können.