Der Blackout einer Legende: Gottschalks rätselhafter Bambi-Eklat erschüttert die Nation – und seine eigene Frau

Ein Schatten fällt über eine glanzvolle Karriere. Es gibt Abende, die in die Annalen der Fernsehgeschichte eingehen. Manche wegen ihrer Brillanz, ihres Zaubers, ihrer makellosen Inszenierung. Und es gibt Abende wie diesen bei der 77. Bambi-Verleihung. Ein Abend, der nicht wegen eines Triumphs

, sondern wegen eines tiefen, kollektiven Moments der Verstörung und des Fremdschämens in Erinnerung bleiben wird. Im Zentrum: Thomas Gottschalk. Ein Name, der jahrzehntelang wie kein anderer für die große, unbeschwerte deutsche Samstagabendunterhaltung stand. Doch an diesem Abend war der Mann, den Generationen zu kennen glaubten, auf der Bühne kaum wiederzuerkennen.

Der Anlass hätte feierlicher nicht sein können. Die Verleihung des Legendenpreises. Die Geehrte: Cher, eine Ikone der Popkultur,

eine Künstlerin, die selbst für ihre Unverwüstlichkeit und ewige Jugend steht. Und wer wäre besser geeignet gewesen, diese Laudatio zu halten, als Deutschlands eigene Show-Legende, der 75-jährige Thomas Gottschalk? Es war als Gipfeltreffen der Giganten gedacht. Es wurde zu einem Zeugnis menschlicher Zerbrechlichkeit, das live vor einem Millionenpublikum seziert wurde.

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Was die Zuschauer sahen, passte nicht zu dem Bild, das sie von Gottschalk verinnerlicht hatten. Der Mann, der sonst mit lässiger Eloquenz und sprühendem Witz durch die größten Shows Europas jonglierte, wirkte fahrig. Desorientiert. Fast schon überfordert. Sein Gang zur Bühne, sonst ein Akt der Selbstverständlichkeit, schien zögerlich. Als er das Mikrofon ergriff, begann ein Auftritt, der Minuten dauerte, sich aber anfühlte wie eine Ewigkeit.

Gottschalk verhaspelte sich. Das an sich ist noch kein Eklat, das passiert selbst den Besten. Aber es war die Art und Weise, die das Publikum im Saal und vor den Bildschirmen frösteln ließ. Er sprach auffallend langsam, als müsste er jedes Wort mühsam aus den Tiefen seines Gedächtnisses hervorholen. Die Sätze wirkten nicht immer zusammenhängend, die berühmte “Gottschalk-Schnauze” schien verstummt, ersetzt durch ein unsicheres Tasten nach Worten. Es war der Moment, in dem die professionelle Fassade Risse bekam und die Sorge im Raum spürbar wurde.

Dann kam der Satz. Der Satz, der den Damm brechen ließ. In einem Versuch, Cher zu huldigen, formulierte Gottschalk eine Aussage, die im Kontext bizarr und für viele im Publikum unerträglich klang: “Scher sei die einzige Frau, die ich mein Leben lang ernst genommen habe.” Stille. Ein Moment ungläubigen Entsetzens. Und dann, unüberhörbar: Buhrufe. Nicht nur vereinzelte, sondern ein spürbares Murren der Ablehnung, das durch den Saal ging.

Dieser Satz war nicht nur eine ungeschickte Formulierung. Er war ein Affront. Ein Affront gegen jede andere Frau in seinem Leben, ein Affront gegen seine eigene Ehefrau Karina, die im Publikum saß und diesen Moment miterleben musste. Es war ein Satz, der in seiner Unbedachtheit so gar nicht zu dem Mann passen wollte, der sonst als Meister des charmanten Kompliments galt. Die Kameras fangen in solchen Momenten unbarmherzig die Reaktionen ein. Und während Cher, die Geehrte, versuchte, die Situation professionell zu überspielen, war der Schaden bereits angerichtet.

Die Reaktion im Netz ließ nicht auf sich warten. Die digitale Welt ist ein unbarmherziger Resonanzboden für solche Momente. “Was für ein peinlicher TV-Moment für Thomas Gottschalk”, schrieb ein Nutzer. “Er sollte in Rente gehen”, forderte ein anderer. Die Kommentare spiegelten eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Sorge wider. “Gott gehört nicht mehr auf die Bühne”, oder “Man sollte ihm kein Mikrofon mehr in die Hand geben”. Es war die kollektive Demontage eines Denkmals, das gerade selbst Risse gezeigt hatte. Die Fans, die ihn über Jahrzehnte geliebt hatten, fühlten sich vor den Kopf gestoßen. Sie erlebten nicht nur einen schlechten Auftritt, sie erlebten das, was sie als das Ende einer Ära empfanden.

Thomas Gottschalk irritiert bei Bambi-Verleihung mit fahrigem Auftritt -  DER SPIEGEL

Doch die öffentliche Reaktion war nur die eine Seite der Medaille. Was geschah hinter den Kulissen? Was ging in den Menschen vor, die ihm am nächsten stehen? Der Vorfall zog Kreise bis in sein engstes Umfeld. Selbst dort, so wurde berichtet, zeigte man sich empört. Die wohl schmerzhafteste Reaktion kam von der Frau, die ihn an diesem Abend begleitet hatte: seine Partnerin Karina Mroß.

Im Gespräch mit der “Bildzeitung” am nächsten Tag war es Gottschalk selbst, der das private Nachbeben offenbarte. “Karina war ebenfalls sauer”, gab er zu. Ein kurzer, aber vielsagender Satz, der Bände spricht. Man kann sich die Szene nur ausmalen: die Fahrt nach Hause, die Stille im Auto, die aufgestauten Emotionen nach einem Abend, der als Feier gedacht war und als Desaster endete. Die Wut und Enttäuschung der eigenen Partnerin, die nicht nur den öffentlichen Fauxpas, sondern auch die zutiefst persönliche Kränkung durch den “einzige Frau”-Satz verarbeiten musste.

Gottschalk selbst schien am Tag danach wie aus einer Trance erwacht. “Ich bin über mich selbst erschrocken”, gestand er. Es ist das Eingeständnis eines Mannes, der sich im Spiegel nicht wiedererkennt. “Ich kenne mich so selbst nicht.” Diese Worte zeigen die Tiefe seiner eigenen Verwirrung, seines Entsetzens über den Kontrollverlust, den er erlebt hatte.

Und dann lieferte er die Erklärung, die seitdem im Raum steht, ebenso besorgniserregend wie erklärend: “Ich hatte einen Blackout.” Ein Wort, das in der Medizin einen plötzlichen, temporären Gedächtnisverlust beschreibt. “Ich wusste nicht mehr, wo ich bin und was ich hier machen soll”, so Gottschalks erschütternde Zusammenfassung seines Zustands auf der Bühne. Der Auftritt, der nun in Dauerschleife durch die sozialen Medien geisterte, sei ihm “rückblickend peinlich”.

Es ist diese Erklärung, die die öffentliche Wahrnehmung von Wut zu Sorge kippen lässt. Ein “Blackout” auf offener Bühne, bei einem 75-Jährigen – das weckt unweigerlich Assoziationen und Ängste. Ist es der Stress? Ein einmaliger Aussetzer? Oder ein Symptom für etwas Tiefergehendes? Gottschalk selbst versuchte, diesen Sorgen sofort den Wind aus den Segeln zu nehmen. Man müsse sich keine Sorgen um seinen Zustand machen, beteuerte er. “Ich bin gesund und munter.”

Ob das Publikum ihm das glaubt, steht auf einem anderen Blatt. Was bleibt, ist der Eindruck einer unfreiwilligen Entzauberung. Thomas Gottschalk, der Mann, der stets über den Dingen zu stehen schien, der Inbegriff der souveränen Unterhaltung, wurde auf offener Bühne als fehlbar und verletzlich entlarvt. Ein Mann, der die Kontrolle verlor.

UPDATE] Bambi 2025: Fahriger Gottschalk-Auftritt irritiert Cher und  Publikum – fernsehserien.de

Dieser Bambi-Abend wirft nun ein neues Licht auf eine Entscheidung, die bereits zuvor getroffen wurde. Gottschalk wird in Zukunft ohnehin weniger im TV zu sehen sein. Es wirkt fast wie eine bittere Pointe des Schicksals, dass dieser Eklat so kurz vor seinem geplanten Abschied von der großen Showbühne passiert. Ende des Jahres, mit der letzten Ausgabe der RTL-Sendung “Denn sie wissen nicht, was passiert”, will er sich verabschieden. Der Titel der Sendung klingt nach diesem Abend wie ein ironischer Kommentar.

Der Vorfall bei der Bambi-Verleihung ist mehr als nur ein Ausrutscher. Er ist ein Symbol für den unaufhaltsamen Wandel der Zeit, für das Altern von Ikonen und für die Brutalität der Öffentlichkeit, die dabei zusieht. Es ist der schmerzhafte Moment, in dem die Realität die Fiktion der ewigen Jugend und Souveränität durchbricht. Für Thomas Gottschalk war es vielleicht der peinlichste Moment seiner langen Karriere. Für das Publikum war es ein Moment, der traurig macht – und der die Frage aufwirft, wann der richtige Zeitpunkt ist, die Bühne zu verlassen. An diesem Abend schien dieser Zeitpunkt für viele schmerzlich offensichtlich geworden zu sein. Der Applaus war verstummt, die Buhrufe sind verhallt. Was bleibt, ist die Erinnerung an einen Mann, der kurzzeitig nicht mehr wusste, wo er war.