Der Kampf hinter dem Lächeln: Ana Ivanovićs erschütterndes Geheimnis vom Druck, der sie fast zerbrach, und dem leisen Sieg über sich selbst.

Wenn der Name Ana Ivanović fällt, denken viele sofort an eine perfekte Balance aus Stärke und Schönheit, an die Eleganz auf dem roten Sand von Paris. Geboren in Belgrad, stieg sie auf zu einer der bekanntesten Tennisspielerinnen der Welt, einem strahlenden Symbol für Disziplin und Willenskraft.

Der Gipfel war der unvergessliche Triumph bei den French Open 2008, der sie mit nur 20 Jahren zur Nummer 1 der Welt machte. Doch hinter diesem Glanz, hinter dem unerschütterlichen Lächeln, verbirgt sich eine Geschichte von tiefem, inneren Schmerz, von einem stillen Kampf gegen Angstzustände und dem schmerzhaften Verlust der eigenen Identität.

Ana Ivanović war nie nur eine Athletin; sie wurde zum nationalen Symbol, zur Projektionsfläche für Hoffnungen und Erwartungen, die kaum ein junger Mensch tragen kann. Doch Erfolg hat oft seinen Preis. Die Karriere der ehemaligen Tennisprinzessin war von Verletzungen, gnadenlosen Rückschlägen und, was noch schwerer wog, von tiefen Selbstzweifeln durchzogen.

Das öffentliche Bild zeigte die Kämpferin, die Presse feierte die Grazie, aber niemand sah die tiefe Angst, die sie viele Jahre mit sich trug. „Ich habe gelernt, stark zu sein, weil ich es musste“, vertraute sie in einem seltenen Interview an, „aber hinter der Stärke versteckt sich manchmal das Bedürfnis, einfach gehalten zu werden“. Diese einfache, leise Aussage offenbart die monumentale Bürde des Weltruhms.

A YouTube thumbnail with maxres quality

Der Beginn des gnadenlosen Abstiegs

Nach ihrem kometenhaften Aufstieg im Jahr 2008, als sie zur neuen Hoffnungsträgerin des Frauentennis avancierte, wurde der Druck unerträglich. Kaum hatte sie den Gipfel erklommen, begann der schleichende, aber unerbittliche Abstieg. Die Kombination aus Formtiefs, ständigem Reisen und dem immensen, medial befeuerten Erwartungsdruck führte sie in einen Zustand, den sie später als mentale Müdigkeit beschrieb. Experten und Presse kritisierten ihre angebliche mentale Schwäche, nannten sie zu freundlich für den knallharten Profisport. Doch in Wahrheit kämpfte Ana mit einer tiefen emotionalen Erschöpfung und Angstzuständen, die sie innerlich aushöhlten.

„Ich fühlte mich leer“, gestand sie später. „Ich hatte alles erreicht, aber in mir war Stille“. Diese innere Leere war das Schwerste, denn sie konnte nicht mit einer Trophäe gefüllt werden. Es war der Moment, in dem die Sportlerin die Menschlichkeit nicht mehr verdrängen konnte. Der Körper, einst ein Instrument der Präzision, begann zu rebellieren.

Der dunkelste Punkt wurde im Sommer 2015 in Toronto erreicht. Mitten in einem Match gegen eine jüngere Gegnerin versagte ihr Körper auf erschreckende Weise. Das Herz raste, die Hände zitterten, der Schläger wurde zur unerträglichen Last. Für die Zuschauer war es ein schwacher Tag, doch für Ana war es ein Panikmoment, der sie bis ins Mark traf. Nach dem Spiel brach sie in der Kabine zusammen. Unter Tränen flüsterte sie: „Ich kann das nicht mehr.“ Das Trainerteam sprach von Übertraining, die Ärzte von Stresssymptomen, doch Ana wusste die Wahrheit: Ihr Körper schrie das heraus, was ihre Seele schon lange gefordert hatte: Es reicht.

Die Liebe als Anker: Schweinsteiger sah ihre stille Verzweiflung

In dieser Zeit des Zerfalls war Bastian Schweinsteiger, selbst ein Weltstar, nicht nur ihr Partner, sondern der Fels in der Brandung. Er sah die stille Verzweiflung seiner Frau, jenseits des Glamours und des Rampenlichts, das sie beide umgab. In einem emotionalen Gespräch enthüllte er das Ausmaß ihres Leidens: „Ich habe sie nachts weinen sehen. Nicht wegen eines verlorenen Matches, sondern weil sie nicht mehr wusste, wer sie ohne Tennis ist“.

Er beschrieb die schmerzhafte Hilflosigkeit, die Frau, die er liebte, so zerbrechlich zu sehen. Sie lag da, blickte aus dem Fenster und sagte: „Ich weiß nicht, wohin mit mir.“ Schweinsteiger verstand, dass er diesen inneren Kampf nicht für sie austragen konnte. Doch er lieferte den Schlüssel zur Befreiung. In stundenlangen Gesprächen sagte er ihr den Satz, der alles veränderte: „Du musst nichts mehr beweisen – nicht mir, nicht der Welt“. In diesem Moment der Loslösung atmete Ana zum ersten Mal wieder tief durch. Sie erkannte in Toronto nicht nur eine Niederlage, sondern den Wendepunkt. Es war der Tag, „an dem ich aufgehört habe zu kämpfen und angefangen habe zu leben“.

Neue Ehe-Regeln - 14 May 2022 - Das Neue - Readly

Der Rücktritt und das Lernen der Stille

Der Rücktritt im Jahr 2016 kam für die Öffentlichkeit überraschend, doch für Ana war er die lang ersehnte Befreiung. Ihre Schultern waren müde, ihr Körper gezeichnet von Narben, ihr Geist erschöpft. Sie verließ den Sport, wie sie in einem Brief an ihre Fans schrieb, „mit einem Lächeln, aber auch mit Tränen“. Der Kern ihrer Entscheidung war das Versprechen an sich selbst: „Ich habe mich selbst verloren und will mich jetzt wiederfinden.“

Die Zeit nach der Karriere stellte sie jedoch vor eine neue, unerwartete Herausforderung: die Stille. Sie musste das Adrenalin, das sie jahrelang getragen hatte, durch Ruhe ersetzen, eine Emotion, die sie nie gekannt hatte. „Ich wusste nicht, wie man still ist“, sagte sie. Plötzlich war da kein Publikum mehr, kein Applaus, nur noch sie selbst.

Mit Bastian an ihrer Seite begann sie, sich neu zu erfinden. Sie studierte Ernährungswissenschaften, engagierte sich in sozialen Projekten und gründete die Ana Ivanovic Foundation, die Kindern in Serbien Bildung und Sport ermöglicht. Sie fand Erfüllung in Dingen, die nichts mit Ruhm zu tun hatten. „Früher wollte ich Trophäen, heute will ich Frieden“. Der Weg dorthin war mühsam und dauerte Jahre. Sie musste akzeptieren, dass ihr Wert nicht von Siegen abhing, und gestand: „Ich war süchtig nach Anerkennung“. Heute ist sie dankbar für jeden Tag, an dem sie einfach sie selbst sein darf. Ihr neues Credo: „Ich habe verstanden, dass auch Schwäche ein Teil von Stärke ist“.

Die unperfekte Realität der „Märchen-Ehe“

Wenn man Ana Ivanović und Bastian Schweinsteiger heute sieht, wirkt ihre Liebe wie aus einem Märchen. Doch hinter der perfekten Fassade verbirgt sich eine Geschichte von Distanz, Anpassung und innerem Wachstum. Ihre Ehe war nie ein glatter Weg, sondern ein bewusster, gemeinsamer Tanz zwischen zwei starken Persönlichkeiten, die lernten, was Liebe wirklich bedeutet.

Sie lernten sich 2014 bei einem Charity-Event kennen. Ihre Welten waren konträr: ihre still und strukturiert, seine laut und voller Teamgeist. Doch gerade das zog sie an. „Ich war fasziniert von ihrer Ruhe“, erinnerte sich Schweinsteiger. 2016 heirateten sie in Venedig, doch kurz darauf begann das wahre Leben mit den ersten harten Herausforderungen: Anas Rücktritt, Bastians Wechsel in die USA. Chicago wurde ihr neues Zuhause, fernab von Freunden und Familie. Ana sprach offen über diese Zeit: „Es war, als hätte ich alles verloren, was mich definierte: Mein Land, meinen Sport, meine Routine“.

Zwischen Jetlag, Windeln und der Suche nach neuem Sinn suchte sie verzweifelt nach ihrer neuen Rolle, während Bastian manchmal hilflos ihre Einsamkeit spürte. Mit der Geburt der Söhne kam neues Glück, aber auch neuer Perfektionismus, der sie ermüdete. Es gab Tränen, Streit und Phasen des Schweigens, Momente, „an denen es einfacher gewesen wäre aufzugeben“, gestand Ana ehrlich. Doch ihre Liebesbotschaft ist eine bewusste Entscheidung: „Liebe bedeutet nicht, dass alles leicht ist. Liebe bedeutet, dass man bleibt“. Heute, fast ein Jahrzehnt später, ist ihre Beziehung stärker denn je, getragen von Respekt, kleinen Ritualen und der tiefen Verbundenheit. Bastian beschreibt sie als sein Zuhause, „nicht der Ort, sondern sie“.

Ana Ivanovic trennt sich von Trainer - DER SPIEGEL

Der verwundete Körper und das neue Verständnis von Stärke

Ana Ivanović wirkt mit den Jahren äußerlich so makellos wie in ihren besten Tagen auf dem Platz. Doch der Profisport hat seinen Tribut gefordert. Ihr Körper, einst Symbol von Ausdauer, trägt heute die Narben dutzender Verletzungen an Knie, Rücken und Schulter. Gegen Ende ihrer Karriere litt sie an chronischen Entzündungen und einer schweren Schulterverletzung, die sie nur mit Schmerzmitteln ertragen konnte. „Ich habe gelernt, mit Schmerz zu leben“, sagte sie. „Aber irgendwann hat mein Körper mich gezwungen, zuzuhören“.

Nach dem Rücktritt musste sie sich nicht nur körperlich, sondern auch psychisch neu sortieren. Der plötzliche Verlust von Struktur und der Stillstand führten zu einer Phase der Erschöpfung, die sich in Schlaflosigkeit, Unruhe und einem Gefühl der Sinnlosigkeit äußerte. Erst durch Therapie und die Unterstützung ihres Mannes fand sie einen Weg, damit umzugehen. „Er war meine Ruhe“, sagte sie. „Er sah mich, bevor ich mich selbst sah“.

Heute achtet Ana auf ihre ganzheitliche Gesundheit. Sie meditiert, praktiziert Yoga und folgt einem strikten Ernährungsplan. Sie hat gelernt, dass Heilung Zeit braucht und dass wahre Gesundheit über körperliche Fitness hinausgeht. Mit Demut begegnet sie den Rückschlägen und Schmerzen, die manchmal zurückkehren. „Ich habe gelernt, meinen Körper nicht mehr als Maschine zu sehen, sondern als Partner“, erklärt sie. Auch die Schwangerschaften veränderten ihr Körpergefühl; sie brauchte lange, um sich wieder stark zu fühlen. Doch sie erkannte: „Dieser Körper hat Leben geschaffen – das ist wahre Stärke“. Mit einem neuen, ruhigeren Rhythmus ist sie endlich im Gleichgewicht, weil sie aufgehört hat, sich mit der Vergangenheit und anderen zu messen.

Ein Vermächtnis des Friedens statt der Zahlen

Ana Ivanović hat in ihrer Karriere Millionen verdient: über 15 Millionen US-Dollar Preisgelder und lukrative Sponsorenverträge mit globalen Marken wie Adidas und Rolex. Doch ihr Reichtum war nie Selbstzweck. Sie stellte Luxus nie zur Schau, sondern investierte klug in Erfahrungen und werteorientierte Projekte. Gemeinsam mit Bastian Schweinsteiger führen sie ein Leben in Balance – stiller Komfort statt dekadentem Luxus.

Sie investiert in nachhaltige Startups in den Bereichen Ernährung und mentale Gesundheit und nutzt ihren Einfluss, um junge Athletinnen zu fördern. „Ich wollte, dass mein Erfolg mehr bedeutet als nur Zahlen“, sagte sie. „Ich wollte, dass er eine Grundlage für andere Frauen wird“. Trotz ihres materiellen Reichtums bleibt sie bodenständig, kocht selbst, kauft auf dem Markt ein. Ihr Lebensstil spiegelt ihre Philosophie wider: Weniger ist mehr. Ihr größter Besitz ist der Frieden, den sie sich hart erarbeitet hat.

Der Name Ana Ivanović steht heute für weit mehr als Tennis. Er steht für Authentizität, Würde und den Mut, Menschlichkeit über den Leistungssport zu stellen. Sie schrieb Geschichte als erste Serbin, die ein Grand-Slam-Turnier gewann, doch ihr Vermächtnis liegt nicht in den Titeln. Es liegt in ihrer Haltung, in ihrem Engagement für Bildung und mentale Gesundheit. Ihr größter Sieg war nie ein Pokal, sondern „die Erkenntnis, dass Erfolg ohne Menschlichkeit leer ist“.

Wenn Ana Ivanović und Bastian Schweinsteiger heute auf einer Parkbank sitzen und die Hände ineinander verschränkt halten, sieht man, dass hinter dem Glanz zwei Menschen stehen, die gelernt haben, dass wahres Glück nicht im Jubel liegt, sondern in der Stille zwischen zwei Herzschlägen. Ana Ivanović hat den größten Sieg errungen: den über sich selbst.